500 auf Demo gegen Nazivilla Germania

Am 31.01.2015 sind in Marburg rund 500 Antifaschist_innen gegen die Neonazi-Burschenschaft Germania und deren Vorsitzübernahme im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) auf die Straße gegangen.

Vom Hauptbahnhof aus zog die Demonstration mit einem entschlossenen Block an der Spitze durch die Stadt mit dem Ziel Lutherstraße, dem Sitz der Burschenschaften Germania und Rheinfranken (ebenfalls DB). Schon direkt zu Anfang der Demonstration konnten Durchsuchungen von Demoteilnehmer_innen verhindert werden. Den Zug begleitete ein massives, größtenteils behelmtes Polizeiaufgebot. Angesichts der letzten Aktionen von Antifaschist_innen in der Lutherstraße (1, 2) keine größere Überraschung.

In Redebeiträgen wurde die Überschneidung der Burschenschaft Germania mit der Neonaziszene und die Bedeutung des Vorsitzamts thematisiert, gleichzeitig auch die Umtriebe der Burschenschaft in einen bundesweiten Kontext von rechten Bewegungen eingeordnet. „Wir protestieren gegen die Germania als Nazibande und damit gegen den nationalistischen Ungeist der sich in den Straßen zeigt. PEGIDA, AfD oder die Nazis von der Germania – wir sehen da keinen Unterschied. Das rechte Gesellschaftsprojekt dahinter ist dasselbe!“, hieß es in einer Pressemitteilung zur Demo.

In der Lutherstraße angekommen empfing die Antifaschist_innen eine Sperre aus Hamburger Gittern, mehrere Reihen Bereitschaftspolizei und rund ein Dutzend Kameras von Staatsschutz und BFE. Ein Durchbruchsversuch zum Haus der Germania scheiterte an Pfefferspray- und Schlagstockeinsätzen.

Nach einer hasserfüllten Botschaft an die Burschenschaft und der Versicherung wiederzukommen, bewegte sich die Demo Richtung Marktplatz. Nach einem abschließenden Redebeitrag, einer feministischen Kritik am Verbindungswesen und dem Verhältnis von Politik und Militanz der Gruppe Lisa:2 wurde der Aufzug aufgelöst.

Im Nachgang wurden die Personalien zweier Personen wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot aufgenommen. Weiterhin wurde der Lautsprecherwagen von der Staatsschutzabteilung auf dem Heimweg abgefangen und durchsucht.

Die Demonstration ist ein voller Mobilisierungserfolg der aufrufenden Gruppe. Nach mehreren Aktionen im Vorfeld (1, 2, 3) konnte mit einer großen Demonstration eine weitere Stufe des Zurückdrängens der Naziburschenschaften in der Stadt erreicht werden.

Marburg bleibt rot.

Aufruf: Nazivilla Germania dichtmachen!

Aufruf: Nazivilla Germania dichtmachen!

Am 17. Januar 2015 übernimmt die Marburger Burschenschaft Germania den Bundesvorsitz des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft (DB). Damit steht ab nächstem Jahr eine neonazistische Vereinigung an der Spitze eines ohnehin reaktionären Verbandes. Wir nehmen dies zum Anlass gegen die Burschenschaft Germania, deren Verstrickung in die Neonaziszene und gegen das extrem rechte Weltbild der Deutschen Burschenschaft zu demonstrieren.

Dass die Deutsche Burschenschaft ein Rückzugsort für Studenten mit extrem rechten Gedankengut ist, weiß spätestens seit dem Ruf nach dem sogenannten Ariernachweis (Spiegel) jede_r. Mit der Übernahme des Vorsitzes durch die Marburger Burschenschaft Germania nimmt diese Tendenz eine weitere Facette an.

Mit den Germanen übernimmt eine neonazistische Gruppierung den Vorsitz einer bundesweiten Organisation rechter Studenten. Die Trennung des rechten Lagers in intellektuelle Neue Rechte und schlägertypische Kameradschaften gibt es in Marburg nicht mehr. Die ansässigen DB-Burschenschaften – vor allem die Germania und die Rheinfranken – stellen Räume und Strukturen für neonazistische Politik, ob Fackelmärsche, Vorträge, Flugblattaktionen oder Naziaufkleber in der Stadt.

Dies liegt nicht zuletzt an der Zusammensetzung der Aktiven der Burschenschaft Germania. Antifaschistische Gruppen deckten auf, dass sie sich derzeit aus ehemaligen Kadern freier Kameradschaften, Funktionären der Jungen Nationaldemokraten, völkischen Fanatikern und Aktivisten der Neuen Rechten rekrutiert. Als Anlaufpunkt für die hiesige Neonaziszene haben die Verbindungshäuser Lutherstraße 3 und 5 zweifelhaften Ruhm erlangt.

Gleichzeitig wird bundesweit extrem rechte Politik von Marburg aus gesteuert und verwaltet. Denn als Vorsitzende gibt die Burschenschaft Germania ab 2015 dem letzten völkisch-rechten Studentenverband der BRD, der Deutschen Burschenschaft, den Ton an. Und der Ton in der Villa der Germania mit der Hausnummer 3 ist seit jeher tiefbraun.

Wir stellen dem Treiben der Burschenschaft Germania unseren entschlossenen Widerstand entgegen. Marburg bleibt rot.

Die Nazivilla Germania dichtmachen! Gegen die Vorsitzende der DB!

Antifa Demo
Sa, 31. Januar 2015
18 Uhr, Marburg Bahnhofsvorplatz

Zum Tod des 20-jährigen Studenten in Marburg

Am Morgen des 12.10.2014 gegen 6 Uhr wurde an der Ecke Reitgasse/Schuhmarkt in Marburg ein 20-jähriger Student erstochen. Dieser wohnte erst seit wenigen Wochen in Marburg und wollte ein Studium der Sozialwissenschaften beginnen. Der 26-jährige Tatverdächtige studiert Pharmazie und ist Verbindungsstudent aus der Landsmannschaft Nibelungia zu Marburg. Die Nibelungia ist eine pflichtschlagende Verbindung, ansässig im Hainweg 20 in Marburg, und organisiert im Dachverband Coburger Convent.

Laut Presseberichten wurde der 20-jährige mit einem Stich ins Herz durch ein Klappmesser getötet. Dem ging ein Streit mit mehreren Personen in der Bar DesBARado, Reitgasse 5 voraus. Ob sich der Streit um die Verbindungszugehörigkeit des 26-jährigen drehte, ist uns bisher nicht bekannt. Laut Presseberichten ging es um ein Einstecktuch – ob dieses Tuch ein Zeichen seiner Verbindungszugehörigkeit war oder ob der Verbindungsstudent sich als solcher zu erkennen gab, ist uns ebenfalls unbekannt.

An dieser Stelle steckt eine valide antifaschistische Analyse in einem Dilemma: Verbindungen erziehen ihre Mitglieder zu reaktionär verwendeten Werten wie Ehre, Treue und mannhafter Wehrhaftigkeit. Inwieweit dies jedoch mit der konkreten Tat in Zusammenhang steht, bleibt noch zu klären.

Es bleibt immens wichtig, bei dem weiteren Verfahren und den Ermittlungen einen politischen Blick zu bewahren. Ein politisches Motiv ist nämlich nicht auszuschließen.

Rede: Rassismus tötet! Demo gegen rechte Gewalt (22.02.2014)

Rede: Rassismus tötet! Demo gegen rechte Gewalt (22.02.2014)

Redebeitrag der antifa gruppe 5 auf der Antifa Demo vom 22.2.2014 in Dautphetal

„Das Boot ist voll“, so schallt es derzeit wieder menschenverachtend aus deutschen Medien. Die angeheizte Stimmung innerhalb der Bevölkerung erinnert zwangsläufig an die Pogromstimmung der frühen 90er Jahre. Bürger_inneninitiativen wie in Schneeberg gehen Hand in Hand mit der NPD auf die Straße um gegen die Unterbringung von Asylsuchenden zu protestieren. In unzähligen deutschen Städten wird die Angst vor dem vermeintlich Fremden herauf beschworen und schlägt nicht selten in Hass um. Die aggressive Grundstimmung in der Post-Sarrazin Ära richtet sich nicht nur gegen Menschen aus so genannten Drittstaaten, sondern auch gegen EU-Bürger_innen im Zuge der Osterweiterung. Ein Beweis dafür ist die durch die CSU losgetretene Debatte über Einwander_innen aus Bulgarien und Rumänien. Die anhaltende Panikmache fußt in der befürchteten Ausnutzung des deutschen Sozialsystems durch so genannte Armutsmigration. Hintergründe werden verschwiegen. Kurzgedachte Anfeindungen bilden den Nährboden für Rassismus in allen Teilen der Gesellschaft und letztendlich für rechtes Gedankengut.

Den Wolf beim Namen nennen. Dem alltäglichen Rassismus in all seinen Formen entgegentreten!

Wir sind heute hier in Dautphetal, um Anschläge wie zuletzt in Wohratal nicht länger hinzunehmen. Außerdem jährt sich der Brandschlag auf das Haus einer Familie mit türkischem Hintergrund in Dautphetal zum 6ten Mal. Das Gebäude wurde zuerst mit dem Wort „Hass“ beschmiert.  Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte Schlimmeres verhindert werden können, hätte die herbeigerufene Polizei die extrem rechte Attacke ernstgenommen.

Stunden später Stand der Holzanbau in Flammen. Die Bewohner_Innen beobachteten dabei zwei Männer. Diese rannten davon und riefen „Ausländer raus“. Glücklicherweise erlitt bei diesem Anschlag niemand körperlichen Schaden. Eine Woche später ließ die Polizei Marburg-Biedenkopf verlauten, es gäbe keine Verdächtigen – die Ermittlungen gegen die unbekannten Täter verliefen im Sande. Weitere Wochen nach der Tat erhielt die betroffene Familie einen Brief. Darin befanden sich Zeitungsausschnitte des Brandanschlages – und drei beiliegende Streichhölzer.

Der Fall reiht sich in Hessen ein: Ebenfalls 2008 schlug ein Neonazi im Schwalm Eder Kreis ein 14-jähriges Mädchen in die Intensivstation.  2010 verübten Neonazis in Wetzlar einen Brandanschlag auf das Haus eines Nazigegners. Seit 2012 ist im nahen Lumdatal eine Naziclique aktiv – zuletzt gingen sie mit Elektroschockern und Zaunlatten auf Passanten los.

Mit dem jüngsten Angriff auf eine Unterkunft für Asylsuchende in Wohratal wird die Kontinuität rassistisch motivierter Übergriffe offensichtlich. Im Januar 2014 verwüsteten vier Männer aus Wohra und Kirchhain das Haus, zerstörten Fenster, Türen und Rollläden, bedrohten und beschimpften die Bewohner_innen. Die  Randale dauerte über eine halbe Stunde. Der Notruf  wurde bei Beginn abgesetzt. Die Polizei traf jedoch erst wesentlich später ein. Später stritt sie den rassistischen Charakter des Übergriffes ab. Diese Aussage erscheint völlig unglaubwürdig. Einige der Täter waren bereits Tage zuvor durch das Rufen verfassungsfeindlicher Parolen vor der Unterkunft aufgefallen.

Gegen die Beschwichtigungen der Polizei. Der wegschauenden Staatsgewalt die Richtung weisen!

 Fakt ist: Nazis morden. Und das nicht erst seit dem NSU. Seit 1990 wurden in Deutschland mindestens 180 Menschen von Nazis ermordet. Ob sie Leute zusammenschlagen, aus der S-Bahn werfen, erstechen oder eben ihr Haus anzünden, bleibt in der Begründung gleich.

Jedoch bleibt die Frage nach den Ursachen rechter Gewalt in der Diskussion um Rechtsterrorimus und Stiefelnazis meist außen vor. Nazis entstehen nicht im luftleeren Raum. Sie finden Bedingungen vor, die eine solche Ideologie erst ermöglichen –  und das in allen Teilen der Gesellschaft, häufig aus der bürgerlichen Mitte heraus.
Die deutsche Abschiebepraxis und rassistische Proteste gegen Unterkünfte für Asylsuchende sind Ausdruck dessen. In der Großstadt, auf dem Dorf, im Osten wie im Westen gilt: Migrant_innen erfahren Rassismus in erster Linie nicht durch Nazis, sondern von den Nachbarn, von der Chefin oder den Kolleg_innen sowie auf der Ausländerbehörde.

Brandanschläge wie hier in Dautphetal sind dabei die Spitze eines bekämpfenswerten Eisberges. Rechter Gewalt muss entgegengetreten werden – mit allen Mitteln! Ob dafür die örtliche Naziclique bekämpft oder alltäglicher Rassismus in Deutschland thematisiert wird, vor allem eines darf man nicht: Rechte Gewalt und deren Opfer vergessen!


Für das Ende des rassistischen Normalzustandes!

Rassismus raus aus den Köpfen!

Solidaritätserklärung

Solidaritätserklärung

In den vergangenen Monaten kam es in Kassel und Marburg zu zahlreichen KFZ- und Hausdurchsuchungen, die den vorläufigen Höhepunkt einer großangelegten Repressionsoffensive der Bundes- und hessischen Landespolizei gegen vermeintliche Graffiti-Sprayer*innen markieren und inzwischen auf linke Strukturen ausgeweitet wurde. Neben den Hausdurchsuchungen, bei denen massenhaft Gegenstände beschlagnahmt wurden, kam es zu unzähligen Observationen, Festnahmen, Ingewahrsamnahmen und ED-Behandlungen.

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Deutsche TäterInnen sind keine Opfer! (Vol. 2)

Deutsche TäterInnen sind keine Opfer! (Vol. 2)

Am 1. September 2013 lädt der Kreisverband Marburg des Bundes der Vertriebenen (BDV) zu einer Veranstaltung anlässlich des ‚Tages der Heimat‘ in das Rathaus Marburg.

Am ‚Tag der Heimat‘ wird die Verkündung der sogenannten Charta der Heimatvertriebenen gefeiert, welche 1950 in Stuttgart von ehemaligen Funktionären der NSDAP unterzeichnet wurde, welche sich nach der Zerschlagung Nazi-Deutschlands nun in verschiedenen Vertriebenenverbänden tummelten, um dort ihr Traum vom Großdeutschen Reich doch noch verwirklicht zu sehen. Der Bund der Vertriebenen ist dabei die Dachorganisation jener Horte des Geschichtsrevisionismus – und wie könnte es anders sein – selbst auch Kind strammer Nationalsozialisten. Namen wie Hans Krüger, Axel de Vries oder Rudolf Wagner sprechen für sich selbst.

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Grenzgang in Biedenkopf?

Grenzgang in Biedenkopf?

Rassistisches „Volksfest“ in Biedenkopf – Grenzgang abschaffen!
Alle sieben Jahre feiert die Stadt Biedenkopf mit zahlreichen Gästen aus umliegenden Gemeinden ihren traditionell-rassistischen Grenzgang. Auch dieses Jahr werden vom 16.-18. August wieder rund 15.000 Bürger_innen zusammenkommen, um in einem aufwendigen Prozedere drei Tage lang die Ortsgrenzen von Biedenkopf abzulaufen und dabei in geschichtsträchtiger Manier sexistische und kolonial-rassistische Traditionen aufleben zu lassen. Burschenschaften und Männergesellschaften organisieren den kompletten Ablauf des Festes, ziehen in einem militaristischen Aufmarsch als erstes und zunächst auch allein durch die Stadt. Unverheiratete „Mädchen“ und verheiratete „Damen“ sind als Beiwerk erst ab der zweiten Stadtrunde zugelassen. Danach wird in verschiedenen Abschnitten die Ortsgrenze begangen. Neben Militär und Männlichkeit verherrlichenden Rollen, wie dem „Führer“, „Hauptmännern“, „Obersten“ und peitschenknallenden „Wettläufern“, spielt der sogenannte Mohr eine ebenso wichtige Rolle. Dafür wird ein weißer Mann schwarz angemalt, mit einem schwarzen Vollbart, Krummsäbel und einer schwarzen Uniform mit goldenen Knöpfen ausgestattet. Dieser „Mohr“ führt während des Spektakels „tänzelnd“ den Zug an. Er verkörpert somit, was gemeinhin als Schwarze Attitüde  angenommen wird. Wie der Grenzgangsverein freimütig zugibt, waren Vorlage für die Symbolfigur des „Mohren“ Schwarze Hofdiener, die den hessisch-darmstädtischen Landgrafen angeblich als „Harlekine“ zur Belustigung aber auch zur Machtdemonstration und Abschreckung von Eindringlingen dienten. Ob dieser im Falle des Biedenkopfer Grenzgangs selbst als Eindringling gesehen wird oder ob er als Maskottchen herhalten muss, ob er nun den Marsch anführt oder bei näherem Hinsehen von ihm verfolgt wird – in jedem Falle beruht dieses Schauspiel auf einer symbolgewaltigen, rassistischen Inszenierung des Schwarzen Anderen.
Grenzen sind kacke!
Was die Biedenkopfer_innen mit tatkräftiger Unterstützung durch Sponsor_innen wie der Sparkasse Marburg-Biedenkopf, der  Volksbank, Intersport, Schäfers Backstuben u.v.a. veranstalten, ist eine unreflektierte Bezugnahme auf rassistische deutsch-koloniale Traditionen. Dass in bierseliger Feierlaune das eigene Territorium markiert und vor „Fremden“ geschützt werden soll, offenbart eine reaktionäre Haltung. Diese offensive Form der Anerkennung von Grenzen jeglicher Art und dem Abwehren des „Fremden“ bildet die Grundlage für die Akzeptanz von Ausgrenzung im Allgemeinen, die sich in strukturell gleicher Form auf höherer Ebene zum Beispiel in der ausgrenzenden Asylpolitik Europas zeigt. Grenzen sind immer willkürlich, sollen Gewalt gegen Außenstehende rechtfertigen und gehören abgeschafft! Dass es sich bei dem Spektakel um ein fröhliches Fest handelt, führt den allgegenwärtigen rassistischen Normalzustand vor Augen. In Biedenkopf scheint man sich darüber keine Gedanken zu machen. Das archaische Rollenverständnis, welches beim ritualisierten Ablauf der Feierlichkeiten, insbesondere durch die strikte Aufgabenverteilung für Männer und Frauen, deutlich zum Ausdruck kommt, unterstreicht dadurch zusätzlich diese widerliche rechte Geisteshaltung. Solche Traditionen und all diejenigen, die sie hochhalten, reproduzieren durch ihre extrem rechte Gesinnung und ihr Feiern alltäglichen Rassismus und Sexismus. Der Grenzgang ist kein unpolitisches „Volksfest“, sondern ein Beispiel für Deutschtümelei und die Ablehnung alles „Fremden“.
Deutsch-koloniale, rassistische Traditionen angreifen!

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Indymedia-Beitrag der Gruppe Lisa:2

Vortrag zum Grenzgang: 14.8.2012 20:30h im Café am Grün mit der Lisa:2

Die Irrelevanz verteidigen!

Das IVI ist nach wie vor räumungsbedroht. Sollte eine Räumung stattfinden, mobilisieren wir am Tag X zu einem abendlichen Ausflug nach Frankfurt. Checkt den Twitter-Hashtag #ivibleibt um auf dem Laufenden zu bleiben. Im Folgenden unsere Solidaritätserklärung.

Das Frankfurter Institut für vergleichende Irrelevanz (IVI) wurde verkauft. Das seit 2003 besetzte Gebäude im Kettenhofweg 130 ist nun in seiner derzeitigen Existenz bedroht. Wir erklären uns hiermit solidarisch mit den Nutzer_innen des IVI und sprechen uns für den Erhalt des IVI aus.

Die vermeintliche Irrelevanz zu diskutieren, zu organisieren, zu leben – das macht das IVI aus. Es nimmt sich den Raum, den die kapitalistische Ordnung der Gesellschaft für irrelevant erklärt. Den Raum, die Herrschaft des Bestehenden zu diskutieren, zu hinterfragen und im Kleinen wie im Großen zu bekämpfen. Ob diese Selbstermächtigung nun in der Besetzung, dem DIY-Konzert, der Electro Party, dem Lesekreis, dem Vortrag, der Ausstellung oder im Raum für linke Debatte jenseits der universitären Verwertung liegt, sei jeder selbst überlassen.

Eins bleibt jedoch sicher: Ohne Party, Konzert und Politik im IVI wäre die Welt noch beschissener, als sie ohnehin schon ist. Um überhaupt die Emanzipation der Menschen von ihren Zwängen vorantreiben zu können, brauchen wir Räume für das Irrelevante.

Für uns als antifaschistische gruppe 5 ist daher klar:

IVI bleibt! 

 Update: IVI akut räumungsbedroht! (22.05.12)

Redebeitrag: Frauenkampftag – Jeden Tag!

Redebeitrag: Frauenkampftag – Jeden Tag!

Redebeitrag der antifaschistischen gruppe 5 auf der Demo am Frauenkampftag 2012 in Marburg und Pressemitteilung von ProChoice Marburg zu den Aktionen.

Redebeitrag der ag5 auf der Demo am 8. März in Marburg
Im Jahr 2009 richtete die „Akademie für Psychotherapie und Seelsorge“ in Marburg ihren „Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge“ aus, welcher alle paar Jahre stattfindet. Auf Grund der sexistischen und homophoben Ausrichtung der Organisation und zahlreicher Referent_innen gab es einen breiten Protest und eine grandiose Demo durch Marburg. Der Protest hatte Erfolg: Die Akademie möchte ihren Kongress in Zukunft nicht mehr in Marburg abhalten. Im Mai 2013 soll der nächste Kongress in Würzburg durchgeführt werden. Auch dort sind wieder Referent_innen zu erwarten, die dem evangelikalen Spektrum zuzuordnen sind. Bereits angekündigt ist z.B. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Beiratsmitglied der homophoben Organisation „Offensive Junger Christen“.
Evangelikale verstehen wir als eine konservative Strömung innerhalb des Protestantismus, die sich durch eine wörtliche Bibelauslegung auszeichnet. Sie erkennen zu einem Großteil andere Religionen nicht als gleichwertig an und geben sich sendungsbewusst, was bedeutet, dass etwa politische Betätigung und Missionsarbeit ein wichtiger Teil ihres Glaubens sind.
Die Außenwirkung evangelikaler Einrichtungen im deutschsprachigen Raum ist bewusst auf modern und jugendlich getrimmt. Die Gottesdienste bieten vordergründig viel Musik und ein großes Maß an Möglichkeiten, sich selbst einzubringen. Auch neben den Gottesdiensten gibt es zahlreiche Angebote, von Freizeiten über Gesprächskreise, die ein offenes und attraktives Bild vermitteln sollen, das allerdings der fundamentalistischen Glaubensausrichtung diametral entgegensteht. So wird auch mit zunehmendem Engagement in der evangelikalen Strömung die zutiefst hierarchische Ausrichtung spürbar, wenn unmittelbar in das Privatleben der Beteiligten eingegriffen und dieses kontrolliert wird.
Dieser Eingriff in das Privatleben äußert sich vor allem im einem propagierten Bild von Ehe und Familie, das durch eine wörtliche und aus dem historischen Zusammenhang gerissene Auslegung der Bibel zustande kommt. Insofern wird Homosexualität nach wie vor als Sünde, Krankheit oder Perversion gewertet, Sex vor der Ehe oder alles, was außerhalb der Ehe Lust erzeugen könnte, werden im wahrsten Sinne des Wortes verteufelt.
Auch zum Thema Schwangerschaftsabbruch beziehen Evangelikale seit Jahren vehement Position: Für sie ist Abtreibung schlicht und ergreifend Mord. Doch es wird nicht nur so genanntes ungeborenes Leben vernichtet -Holocaust-Vergleiche sind hier nicht selten-, sondern nach Ansicht vieler Evangelikaler hat eine Abtreibung auch verheerende Folgen für die Betroffene: Neben ihrem Festhalten an einem angeblichen Zusammenhang zwischen Schwangerschaftsabbrüchen und erhöhtem Brustkrebsrisiko, halten sie auch die Existenz eines Post-Abortion-Syndroms für bewiesen. Dieses Syndrom soll erhebliche psychische Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen beschreiben, in der Medizin gilt diese Erkenntnis allerdings seit Jahren als nicht haltbar.
Sexuelle Selbstbestimmung gibt es in dieser Gemeinschaft evangelikaler Christen nicht!

Warum ein Redebeitrag zu Evangelikalen am Frauenkampftag?
Wir gehen nicht davon aus, dass fundamentalistische Christ_innen die aktuelle größte Gefahr für die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Nicht-Christ_innen in Deutschland darstellen. Allerdings glauben wir, dass der Einfluss von Evangelikalen in der so genannten Mitte der Gesellschaft wächst, nicht zuletzt, da sie als Lobbygruppen und Publizist_innen straff organisiert und auch finanziell gut aufgestellt sind. Ihr Ziel ist es, ganz bewusst Einfluss auf politische Prozesse zu nehmen, was problematisch ist, wenn man bedenkt, wie gering der Stellenwert eines selbstbestimmten Lebens bei Vertretern der evangelikalen Strömung angesehen wird. My body my choice gilt hier weder im Bereich einer selbstbestimmten Sexualität, noch im Bereich einer eigenen Entscheidung darüber, Kinder zu bekommen oder eben nicht.
Wir halten es für notwendig, dass auf die evangelikalen Umtriebe entschieden reagiert und Aufklärung darüber betrieben wird, was ein “evangelikaler Grundkonsens” im Leben von Menschen anrichten kann.
Auch heute lautet also unser Aufruf:
Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus! Nicht in Marburg, nicht in Würzburg und nicht anderswo!

Pressemitteilung von ProChoice Marburg
Der Kampf von und für Frauen muss alltäglich geführt werden
Heute am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, gingen über 70 Menschen zu einer nicht angemeldeten lautstarken Demonstration in Marburg auf die Straße. Mit Parolen wie „Abtreibung ist Frauenrecht – bei ProLife da wird uns schlecht“ und „8.März alle Tage – das ist eine Kampfansage“ machten die Demonstrierenden ihrem Ärger über die bestehenden Verhältnisse Luft. Angefangen am Elisabeth-Blochmann-Platz lief die Demonstration zunächst über die Biegenstraße zur Elisabeth-Kirche, weiter bis zum Bahnhof und anschließend auf den Marktplatz. An diesen Plätzen wurden verschiedene Redebeiträge verlesen, in welchen deutlich gemacht wurde, warum dieser Tag als internationaler Frauenkampftag so wichtig ist. Simone Debuvar, die Sprecherin der Gruppe ProChoice Marburg, dazu: „Uns reicht es nicht, Frauen an diesem Tag eine Rose zu überreichen oder zum Sektempfang zu laden. Für uns ist und bleibt der 8. März Frauenkampftag!“
Thematisiert wurden bei den Kundgebungen die miserablen Zustände der Gesetzgebung und des gesellschaftlichen Umgangs mit Abtreibung, die sexistische und homophobe Gewalt, die Frauen alltäglich widerfährt und evangelikale Organisationen, die durch ihr frauenverachtendes Weltbild von sich Reden machen. „Denn noch immer erfahren Frauen auf Grund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und Orientierung Gewalt und solange das Bestand hat, kann nicht von der Gleichberechtigung aller Geschlechter gesprochen werden“, sagte Debuvar.
Solidarität erfuhr die Demonstration durch verschiedene Gruppen aus Marburg und Frankfurt. So gab es Redebeiträge zu dem Frauenraum Feministisches Archiv, zu feministischer Kritik an männerbündischen Organisationen wie der Deutschen Burschenschaft und zu dem Verkauf des Instituts für vergleichende Irrelevanz in Frankfurt. „Wir sind begeistert von so viel Unterstützung. Dies zeigt nur zu deutlich, dass das Motto des heutigen Tages Frauenkampftag, jeden Tag! keine leere Worthülse ist“, sagte die Sprecherin Debuvar.
Die Polizei Marburg begleitete die Demo mit mehreren Fahrzeugen und Motorrädern. „Das für Marburger Verhältnisse hohe Polizeiaufgebot überstieg alle Erwartungen und suggeriert eine als hoch empfundene Bedrohung durch Frauen, die am Frauenkampftag auf die Straße gehen“, stellt Debuvar nüchtern fest, „wir lassen uns aber dadurch nicht einschüchtern, sondern sehen es als Motivation den Kampf jeden Tag weiterzuführen.“

Demo: Den rassistischen Konsens brechen! Gegen Deutschland und seine Nazis!

Am 23. Februar 2012 wird um 12 Uhr zu einer Gedenkminute für die Opfer von rechter Gewalt von dem Arbeitgeberverband und den Gewerkschaftsverbänden aufgerufen. Anlass hierfür sind die jüngst bekannt gewordenen Terrortaten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Diese dreiköpfige Gruppe hat in den letzten 13 Jahren Banken überfallen, Sprengstoff-Attentate verübt und 9 Migranten und eine Polizistin ermordet und zwar unter den Augen des Verfassungsschutzes. Stück für Stück kommen immer weitere Details über die Verbrechen und die Verstrickung des Verfassungsschutzes an die Öffentlichkeit.

 Dass keine Aufklärung von Seiten der Sicherheitsbehörden gewollt ist, wird immer deutlicher. Es ist nichts neues, dass der Verfassungsschutz mit seinen V-Leuten tief in der rechten Szene verstrickt ist-was nicht zuletzt das Scheitern des NPD-Verbotsverfahren aus dem Jahr 2001 gezeigt hat. Mit seiner intransparenten und offensichtlich erfolglosen Arbeitsweise hat der Verfassungsschutz seine Überflüssigkeit längst bewiesen. Der Verfassungsschutz ist gefährlich und gehört abgeschafft!

 Ein Weltbild in der Größe einer Streichholzschachtel

 So richtig und wichtig die Fragen nach dem Netzwerk des NSU sowie den Verantwortlichen beim Verfassungsschutz auch sind, bleibt die Frage nach den Ursachen meist außen vor. Nazis entstehen nicht im luftleeren Raum. Das Zeigen auf den vermeintlich glatzköpfigen Rand verkennt die tiefe Verankerung menschenverachtender Ideologien wie Rassismus, Sexismus, Antiziganismus und Antisemitismus sowie weitere Formen gesellschaftlicher Ausgrenzung und Diskriminierung in der Gesamtgesellschaft. In der Großstadt, auf dem Dorf, im Osten wie im Westen. Migrant_innen erfahren Rassismus in erster Linie nicht durch Nazis, sondern von den Nachbarn, von der Chefin oder den Kolleg_innen sowie auf der Ausländerbehörde. Von einer Nichtexistenz rechter Gewalt und rechten Terrors auszugehen und überrascht zu sein, wenn die mediale Debatte dies als neues Phänomen benennt, zeugt von gesellschaftlicher Blindheit und Ignoranz.

Fakt ist: Nazis morden. Und zwar schon immer. Ihre Ideologie setzt die Selektion von Menschen nach bestimmten Kategorien voraus. Die Folge davon ist unweigerlich die Diskriminierung von bestimmten Gruppen und in letzter Konsequenz deren Vernichtung. Seit 1990 wurden über 180 Menschen von Nazis in der BRD ermordet. Die Diskussion hier auf eine sogenannte „Terrorzelle“ zu beschränken, verkennt die Verantwortung breiter Teile der Gesellschaft. Es ist gefährlich, rechte Gewalt allein als eine Randerscheinung zu thematisieren. Dadurch wird rechte Gewalt begünstigt.

 Dies passiert nicht nur fern ab in den Nachrichten, sondern direkt hier vor Ort – auf zentralen Plätzen hier in der mittelhessischen Idylle Marburgs. Vor ein paar Tagen griff eine Gruppe Nazis eine Person mitten in der Stadt gewaltsam an. Zuvor konnte sich diese Gruppe unbehelligt mit einer Reichskriegsfahne am Rudolphsplatz aufhalten. Vor einigen Monaten bedrängte eine Gruppe von Nazis eine Person am helllichten Tag. In beiden Fällen bekamen die Personen keine Unterstützung von Passant_innen. Obwohl beide Vorfälle lautstark von Statten gingen und die Aufmerksamkeit Umstehender hätten auf sich ziehen müssen, wurde nicht eingegriffen. Das Wegschauen wird aber nicht nur von den Bürger_innen praktiziert, sondern sowohl von der Polizeipresse als auch von der Monopolpresse OP. Erst auf Drängen engagierter Antifaschist_innen wurde Tage später von dem letztgenannten Vorfall in der OP berichtet. Es gehört zur Normalität in Marburg und überall bei rechter Gewalt, die Augen zu verschließen.

Gedenken an Opfer rechter Gewalt ist grundsätzlich gut und wichtig. Doch darf es nicht dazu führen, zu meinen damit genug getan zu haben. Gedenken kann nur ein Schritt von Vielen sein. Wir fordern einen konsequenten Antifaschismus, der alle Teile der Gesellschaft in die Kritik miteinbezieht. Nicht nur eine Minute, sondern jeden Tag.

In einer Gesellschaft, die von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit geprägt ist, sind mordende Nazis nur die Spitze des Eisberges.

 Für einen konsequenten Antifaschismus – auf allen Ebenen!