Burschenschaftsinterne Auseinandersetzungen in Marburg

In der Nacht auf den 14. Juni 2020 wurde das Haus der Verbindung Frankonia zu Marburg angegriffen. Dabei wurde eine Holztür eingerammt und die Inneneinrichtung verwüstet. Die Angreifer waren nach Aussage der Frankonia vermummt und mit Pfefferspray bewaffnet, von welchem sie auch Gebrauch machten. Des Weiteren war mindestens ein Angreifer zusätzlich mit einem Messer und Totschläger bewaffnet. Schnell wurde klar, das es sich bei diesem Angriff um einen Konflikt innerhalb der Verbindungsszene handelt. So beschrieb die Frankonia in einer Stellungnahme auf Facebook eine am Abend vorhergegangene Auseinandersetzung mit Burschenschaftern der DB-Burschenschaft Germania, bei der auch antisemitische Äußerungen gefallen sind. Laut Bericht wurde ein Mitglied der Frankonia als „Judensau“ bezeichnet, man solle ihn „vergasen“ oder „an die Wand stellen“.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft in Marburg gegen sechs Personen, die aus dem direkten Umfeld der Burschenschaft Germania Marburg stammen. „Nach derzeitigem Ermittlungsstand seien Männer beteiligt gewesen, die damals Mitglieder oder Gäste der Burschenschaft gewesen seien“, berichtete der Behördensprecher gegenüber der Frankfurter Rundschau.1

Die DB-Burschenschaft ist in der Vergangenheit schon häufig durch gewalttätige Aktionen aufgefallen, wie den Angriff auf Fotograf*innen im Rahmen eines Treffens der „Jungen Alternativen“. Dabei sind Germanen ebenfalls vermummt und mit Pfefferspray und Schlagstöcken bewaffnet auf diese losgegangen.2

Auch dürfte der Angriff auf die Frankonia nicht zufällig passiert sein. Die Verbindung schreibt sich dem ‚eher liberalen‘ „Schwarzburgbund“ zu, ist formell offen für Männer mit Migrationshintergrund und unterzeichnete 1996 die „Marburger Erklärung“, die sich augenscheinlich gegen anti-demokratische Strömungen richten soll. Laut Frankonia bestehe ein unbefristetes Hausverbot gegenüber Burschenschaftern der Burschenschaft Germania.

Auch wenn es in diesem Fall einen etwas weniger reaktionären Männerbund getroffen hat, zeigt der Vorfall ein weiteres Mal, wie die Germanen gegen andersdenkende Menschen vorgehen.

Anders als Michael Terwiesche, Vorsitzender des Trägervereins des Hauses der Frankonia, der glaubt, das irgendwelche rechtsradikale Spinner bei den Germanen untergekommen seien3, hat die Germania kein Naziproblem, sondern IST ein Naziproblem. Dies zeigt sich ganz klar, wenn man sich zum Beispiel die Redner der vergangenen Veranstaltungen und die Gäste genauer anschaut. So war unter anderem Alain de Benoist Redner auf der Germania-Veranstaltung „Junges Europa“ im Jahr 2019. Benoist ist ein maßgeblicher Vordenker der Neuen Rechten. Außerdem hielt auch schon Götz Kubitschek, Strippenzieher der Neuen Rechten in Deutschland, Reden auf dem Haus der Germanen. Somit wird klar, dass die Burschenschaft Germania ganz bewusst große Namen der Neuen Rechten einladen um die Aktivitas in ihrem Weltbild zu schulen. Und auch, dass die Redner die Einladungen annehmen, zeigt welchen Stellenwert die Burschenschaft in Marburg innerhalb der Neuen Rechten europaweit innehat.

Nazivillen dichtmachen!

1https://www.fr.de/rhein-main/marburg-rechte-burschenschaft-unter-verdacht-90147409.html

2https://stadtlandvolk.net/?p=143

3https://www.fr.de/rhein-main/marburg-rechte-burschenschaft-unter-verdacht-90147409.html

Antisemitismus bei Normannia Heidelberg – Marburger Germane involviert

Wie die Antifa Freiburg berichtet, ist es der Nacht auf den 29. August zu einen antisemitischen Übergriff auf dem Haus der Burschenschaft Normannia zu Heidelberg gekommen: Der Verbindungsstudent Philipp Smeljanez – der Mitglied der „Jungen Alternative“ sein soll und wie der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl der „Alten Leipziger Landsmannschaft Afrania im CC zu Heidelberg“ angehört – wurde von mehreren Verbindungsstudenten mit Gürteln verprügelt, mit Münzen beworfen und als „Drecksjude“ und „Judensau“ beschimpft.

Die Tat passierte während der Feier zum 28. Geburtstag von Patrick Bass, der u.a. als der Nazirapper Komplott bekannt ist und als einer der regionalen Köpfe der Identitären Bewegung in Heidelberg gilt.

Bass begann seine Nazikarriere aber im schwäbischen Hinterland. Er war Aktivist der AG Schwaben sowie führender Kopf einer gewaltbereiten Naziclique aus Langenau. In seiner Funktion als Neonazikader nahm er an zahlreichen Naziaufmärschen im ganzen Bundesgebiert teil, so in Dresden 2009, Augsburg 2010 sowie Heilbronn 2011. Spätestens 2013 wurde er bei der Burschenschaft Germania Marburg aktiv. Als Fux durfte Bass 2013 den Stand der Burschenschaft auf dem Zwischentag 2013 zusammen mit seinem Bundesbruder Tobias Sauer betreuen. 2014 nahm er am Marktfrühschoppen teil, nun als vollwertiges Mitglied der Germania Marburg. Auch nach seinem Umzug nach Heidelberg ist Bass immer wieder gern gesehener Gast auf dem Haus der Naziburschenschaft Germania.

Der Vorfall und die Personalia Bass sind wieder einmal Beweis dafür, was die sogenannte „Neue Rechte“ rund um IB und Deutsche Burschenschaft wirklich sind. Die antifaschistische Zeitung Lotta schrieb 2019: „Bass ist auch ein Beispiel dafür, dass sich die „Neue Rechte“ nur formal von der neonazistischen Rechten abgrenzen lässt: unter dem Pseudonym „Subverziv“ produzierte er einen antisemitischen Mobitrack für den „Nationalen Antikriegstag“ in Dortmund 2012 (vgl. Lotta #66, S. 21—23). In dem Track heißt es: „Und dieser Staat da am Toten Meer mit dem Hexagramm stecken für Macht und Geld die ganze Welt in Brand“.“

Björn Clemens – „Im Dienste des nationalen Widerstands“

In der aktuellen Ausgabe der antifaschistischen Zeitung Lotta geht es u.a. um den extrem rechten Szeneantwalt Björn Clemens. Dieser vertritt aktuell den Neonazi Markus Hartmann im Strafprozess um den Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke. Clemens begann seine politische Karriere bei der Marburger Burschenschaft Rheinfranken und war in den 1990ern im Republikanischen Hochschulverband an der Uni Marburg sowie in der Nazipartei Die Republikaner aktiv. Der ausführliche Beitrag ist im Onlinebereich der Lotta zugänglich.

 

Wider der rechten Landnahme – Nazipropaganda und Übergriffen entgegen treten!

Wider der rechten Landnahme – Nazipropaganda und Übergriffen entgegen treten!

Pressemitteilung des Bündnis gegen Rechts Marburg im Zuge vermehrter Nazipropaganda im Landkreis

Seit einigen Wochen müssen wir feststellen, dass die Präsenz von extrem rechter Propaganda in der Stadt und der Umgebung sehr stark zugenommen hat. Mittels rassistischen Flugblättern, Plakaten und Stickern versuchen unterschiedliche Naziorganisationen ihre menschenverachtenden Inhalte in den öffentlichen Raum zu tragen. Die Stränge der Organisationen laufen in Marburg immer wieder bei der Burschenschaft Germania zusammen.

Im Rahmen der Europawahl verteilte die Nazi-Kaderpartei der III.Weg in und um Marburg Flugblätter in Briefkästen. Bisher waren in Marburg nur wenig Aktivitäten der Partei zu verzeichnen, ihre Schwerpunkte liegen in Hessen im Raum Westerwald sowie in Fulda. Zuletzt führte die Partei im Februar einen Aufmarsch in Fulda durch, an dem 150 Nazis teilnahmen, darunter auch Personen aus Marburg. Personell führt die Spur in Marburg auf das Germanenhaus: kürzlich berichtete die Rechercheplattform LSA Rechtsaußen davon, dass Till Weckmüller, Mitglied der Marburger Burschenschaft Germania, aus seiner Zweitverbindung, der Halle-Leoboner Burschenschaft Germania ausgeschlossen wurde, weil er die Adresse des Verbindungshauses für die Kommunikation zwischen seiner Partei III. Weg und den Behörden benutzt hatte. Er sei nur unter der Prämisse Mitglied geworden, seine Parteiangelegenheiten privat zu halten, so die
Rechercheplattform.

Insbesondere die „Identitäre Bewegung“ versucht in der Stadt ihren Hass zu verbreiten. In der Stadt wurde eine Vielzahl von Aufklebern und Plakate der ihnen nahestehenden Einprozent-Initiative verklebt. Die rechte Spendensammelorganisation EinProzent wird von Philip Stein, Mitglied der Burschenschaft Germania Marburg, geleitet und arbeitet eng mit den Identitären zusammen.

Stein organisierte im November zusammen mit anderen Mitgliedern der Marburger Germania eine Veranstaltung mit dem ideologischen Ziehvater der sogenannten ‚Neuen Rechten‘, Alain de Benoist, gegen die wir als Bündnis eine große und erfolgreiche Demonstration organisierten. Es fanden sich auf dem Haus der Germania Kader der Identitären aus dem ganzen Bundesgebiet, Politiker der AfD sowie Kader und Mitglieder der Partei der III. Weg ein.

Neben den Plakaten haben wir Unmengen von rassistischen und völkischen Aufklebern aus dem Stadtbild entfernen müssen. Beim verkleben wurde drei Mitglieder der Marburger Identitären, die gleichsam auch Mitglieder der Germania Marburg sind, beobachtet. Neben dem Leiter der IB Hessen, Heinrich Mahling, wurden die Aktivisten Franzisko K. Und Nicolas K. erkannt. Bei den Aufklebern fanden sich Motive von Einprozent, aber auch den Identitären selbst sowie der Nazizeitschrift Sezession, für die einige Mitglieder der Marburger Germania regelmäßig schreiben. Die Identitären beließen ihren Willen zur Sachbeschädigung aber nicht beim Kleben von Aufklebern und Plakaten, zwei von ihnen, Heinrich Mahling und Nicolas K., demolierten in der Nacht vom 13. auf den 14.06. zwei Schaukästen am Lahntor, die vom Hessischen Landestheater genutzt werden.

„Wir überlassen den Nazis nicht den öffentlichen Raum. Wir stellen uns ihnen und ihrer Propaganda entgegen und werden nicht müde werden, auf die rechten Netzwerke in und um Marburg hinzuweisen und dagegen zu arbeiten!“, so die Sprecher_in des Bündnis gegen Rechts. Das Bündnis bittet alle antifaschistisch gesinnten Menschen in Marburg um Mithilfe: Findet ihr Propagandamaterial der Nazis in der Stadt, entfernt es gerne und/oder gebt die Infos an eure lokalen Antifa-Gruppen weiter!

Pressemitteilung: Kein Fußbreit dem Faschismus! Gegen den Nazikongress auf dem Germanenhaus!

Pressemitteilung: Kein Fußbreit dem Faschismus! Gegen den Nazikongress auf dem Germanenhaus!

Pressemitteilung des Bündnisses gegen Rechts zu den Protesten vom 24.11.18, Marburg (Lahn)

Unter dem Motto ‚Für eine Gesellschaft der Vielen – kein Fußbreit dem Faschismus‘ haben wir als Bündnis gegen Rechts Marburg am 24.11. demonstriert. Anlass war eine intern beworbene Veranstaltung auf dem Haus der Burschenschaft Germania mit dem Titel ‚Junges Europa‘, auf der einschlägige Akteure der extremen Rechten referierten. Besonderes Anliegen des Bündnisses war, den Netzwerkcharakter der Veranstaltung offenzulegen. Die bunte Mischung der Demo-Teilnehmer_innen sowie der Redebeiträge machte klar, dass die DB Burschenschaften Germania, Rheinfranken und Normannia-Leipzig als maßgebliche Architekten und Akteure innerhalb des Rechtsrucks ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellen. Trotz der knappen Mobilisierungszeit folgten rund 600 Menschen unserem Aufruf. Ein entschlossenes Zeichen gegen die faschistoiden Verstrickungen in der Lutherstraße!

Weder das Novemberwetter, noch vereinzelte Provokationen seitens der Faschos konnten uns daran hindern. Während Heinrich Mahling, Marburger Germane und Aushängeschild der Identitären ‚Bewegung‘ in Hessen, vorgeschoben den Gegenprotest beobachten musste, flüchtete sich ein Großteil der Besucherinnen der Burschi-Veranstaltung in den steilen Hintereingang des Germanenhauses am Gisonenweg. Schnell wurde deutlich, was sich hinter dem Label dieser sich als „Neu“ bezeichnenden Rechten versteckt. Neben Aktivist_innen der Identitären Bewegung, der AfD sowie Verbindungsstudenten waren auch Gäste der neonazistischen Kleinstpartei Der III. Weg und der NPD-Jugendorganisation Junge Nationalisten zu Besuch. Sie alle teilen neben reaktionärer, faschistoider Ideologie die Bestrebungen, sich einen modern wirkenden Anstrich zu ver – passen. Daraus ergibt sich auch die Schnittstelle für den Vortrag Alain de Benoists. Einem ehemaligen fran – zösischen Rechtsterroristen sowie „Vordenker“ der Neuen Rechten.

Rassistisch, sexistisch, ekelhaft! – Das ist die Deutsche Burschenschaft!

Es bleibt im Nachhinein zu betonen, dass die große Rolle, die Burschenschaften in diesem extrem rechten Netzwerk spielen, auch weiterhin Bestand hat. Die Veranstaltung beweist eindrücklich, dass sie dem Netz – werk der neuen und extremen Rechten nicht nur räumliche und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, son – dern auch personell eng mit ihm verwoben sind. Bereits in unserem Aufruf haben wir festgestellt: Die Germania ist dabei nicht nur irgendeine Burschenschaft, sondern nahm in den letzten Jahre eine zentrale Rolle an der Spitze des Misthaufens ein. Ihre Verflechtungen in die sog. Identitäre „Bewegung“, Kontakte und Überschneidungen mit rechten Think-Tanks, wie dem Institut für Staatspolitik oder dem Antaios Verlag und nicht zuletzt die Verstrickung innerhalb des völkischen Flügels der AfD sowie der Jugendorganisation Junge Alternative wurden und nazistischer Politik anbiedern. Dabei schrecken die Burschenschafter auch nicht vor Gewalt zurück – sie ist den Burschenschaften und ihren reaktionären Ritualen genauso inhärent, wie ihr Antifeminismus und ihr völkisches Denken. Kurz: Die Germania Marburg hat kein Nazi-Problem, sondern ist ein Nazi-Problem.

Schlechtes Wetter, harte Zeiten…

Es ist unsere zivilgesellschaftliche Pflicht, dass diese Burschen nicht ungehindert auf ihren Häusern den gesellschaftlichen Rechtsruck vorantreiben können. Umso wichtiger ist es, sich diesen extrem rechten Akteurinnen entgegen zu stellen. Entschlossen positionieren wir uns gegen alle Menschenfeinde, die momentan unter dem Deckmantel einer Neuen Rechten, einer Identitären Bewegung oder einer Alternative für Deutschland ihr braunes Netzwerk voran spinnen. In jüngerer Vergangenheit konnte man vermehrt beobachten, wie die gleichen Akteur*innen aus der Lutherstraße die Grenzen des Sag- und Fühlbaren im Stadtbild ausreizen und verschieben wollen. In Marburg darf es keinen Rückzugsort geben für diskriminierendes, reaktionäres und faschistoides Gedankengut!

Als breites Bündnis setzen wir uns auch zukünftig für eine freie und plurale Gesellschaft ein und freuen uns über Menschen, die sich daran beteiligen möchten. Nicht vergessen möchten wir dabei die Solidarität mit den vielfältigen emanzipatorischen Gruppen und Einzelpersonen, die sich Tag für Tag dafür einsetzen! Und sei es nur, um uns im Nieselregen mit Kürbissuppe und Tee zu versorgen.
… gegen den Faschismus fighten!

Erneut Vortrag mit Vertreter der sogenannten Neuen Rechten – Hans-Thomas Tillschneider zu Gast auf dem Germanen-Haus

Erneut Vortrag mit Vertreter der sogenannten Neuen Rechten – Hans-Thomas Tillschneider zu Gast auf dem Germanen-Haus

Am 02.02. lädt die Marburger Burschenschaft Germania den AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider auf ihr Haus in der Lutherstraße 3 in Marburg ein. Laut Semesterprogramm der Burschenschaft wird Tillschneider einen Vortrag zum Thema ‚Luther und Islam‘ halten.

Tillschneider ist bereits seit 2013 Mitglied in der AfD und sitzt als Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt. In seiner Position als Vorsitzender der ‚Patriotischen Plattform‘ innerhalb der AfD ist er eindeutig dem äußeren rechten Rand der Partei zuzuordnen. In dieser Rolle trat Tillschneider beispielsweise als erster AfD-Abgeordneter bei einer Pegida-Demonstration auf.

An Funktionären wie Tillschneider lässt sich die Verbindung zwischen der AfD und anderen extrem rechten Gruppen, wie der Identitären Bewegung (IB) und dem Institut für Staatspolitik (IfS) um den Naziverleger Götz Kubitschek, aufzeigen. Auch wenn die AfD solche Verbindungen stets zu dementieren versucht, forderte Tillschneider in einem Positionspapier¹ eine engere Zusammenarbeit mit der IB – trotz oder gerade wegen seiner Kenntnisse über deren rassistische Aktionen. Daher ist es kaum verwunderlich, dass er 2017 sein Zweitbüro in dem Nazi-Hausprojekt der Kontra-Kultur Halle eröffnete.² Kontra-Kultur Halle ist ein regioanler Ableger der IB und bundesweit eine der präsentesten Gruppierungen dieses Zusammenhangs. Zusätzlich werden die Räumlichkeiten von der Ein-Prozent-Initiative vermietet. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Kadern der Identitären Bewegung, Teilen der AfD, dem rechtspopulistischen Compact-Magazin sowie dem Institut für Staatspolitik.

„Tillschneider und andere Teile der AfD nehmen hier die Rolle des parlamentarischen Armes eines rechtsradikalen Netzwerkes ein, das über eigene Magazine, Häuser und Verlage verfügt.“ kommentiert Sophia Stern, Pressesprecherin der antifaschistischen gruppe 5, und ergänzt: „Ein Problem, was nicht auf Halle begrenzt bleibt. Auch Marburg mit seinen ansässigen Nazi-Burschenschaften spielt seit geraumer Zeit eine große Rolle in diesem extrem rechten Netzwerk. Die Burschenschaft Germania hat als Kaderschmiede zum Beispiel Philipp Stein hervorgebracht, der unter anderem die Ein-Prozent-Initiative mitbegründet hat und gern gesehener Gast im Nazihausprojekt der Kontra-Kultur in Halle ist.“

So ist es natürlich kein Zufall, dass Tillschneider ausgerechnet für seinen Vortrag auf die Nazivilla Germania eingeladen ist. Ausgiebige Recherchearbeit von Antifaschist*innen aus Marburg zeigt auf³, dass die ansässigen DB Burschenschaften weiterhin ein Sammelbecken sogenannter Neu-Rechter Aktivisten sind. Neben Stein wäre hier beispielsweise Heinrich Mahling zu nennen, der erst jüngst auf dem Germanenhaus eingezogen ist. Mahling inszeniert sich bereits seit seiner Zeit bei dem Corps Hasso-Borussia als Aushängeschild der Marburger Identitären Bewegung und ist bundesweit mit anderen IB-Gruppen vernetzt, wie Fotos von Aktionen der Identitären Bewegung in Halle oder Berlin beweisen.⁴

AfD, IB und Naziburschen sind das gleiche Paar Schuhe. Deshalb fordern wir immernoch: Nazivilla Germania dichtmachen!

Abermals zeigt sich: Trotz Unvereinbarkeitsbeschlüssen, hippem Image und neuem Anstrich nutzt die sogenannte Neue Rechte die selben alten Nazistrukturen, die nicht erst seit dem sich immer weiter manifestierenden Rechtsruck unserer Gesellschaft existieren. Es bleibt dabei: Die Marburger Burschenschaft Germania hat kein Naziproblem, sondern ist eines!⁵

^1 https://patriotische-plattform.de/blog/2016/06/14/wir-sind-identitaer/
^2 https://www.endstation-rechts.de/news/patriotisches-hausprojekt-in-halle-afd-tillschneider-und-identitaere-bewegung-gemeinsam-unter-eine.html
^3 https://stadtlandvolk.noblogs.org/
^4 https://hosenrunter.noblogs.org/personen/hal0610/ und https://kickthemout.noblogs.org/
^5 https://naziwatchmarburg.noblogs.org/warum-die-burschenschaft-germania-kein-naziproblem-hat-sondern-eines-ist/

Stellungnahme der antifaschistischen gruppe 5 zum Strafverfahren gegen den Verbindungsstudenten Amadeus Quirin Hölle wegen der Tötung eines Studenten

Stellungnahme der antifaschistischen gruppe 5 zum Strafverfahren gegen den Verbindungsstudenten Amadeus Quirin Hölle wegen der Tötung eines Studenten

I. Einleitung: Informationslage und linke Erwartungshaltung

Vor etwas mehr als einem Jahr, in den frühen Morgenstunden am Sonntag, 12.10.2014, wurde Patrick H., ein Erstsemesterstudent der Sozialwissenschaften, in der Marburger Oberstadt getötet. Todesursache war ein Stich ins Herz mit einem Taschenmesser durch den Verbindungsstudenten der Landsmannschaft Nibelungia zu Marburg, Amadeus Quirin Hölle. Die Nibelungia ist eine pflichtschlagende Verbindung, ansässig im Hainweg 20 in Marburg, und organisiert im Dachverband Coburger Convent.
Die Erwartungshaltung, als Antifagruppe Position zu dieser Tat zu beziehen, war offensichtlich. Entsprechend bemühten wir uns sofort intensiv, sämtliche verfügbaren Informationen zusammenzutragen. Dies erwies sich jedoch als schwierig, da wir nur auf wenige Augenzeug_innenberichte zurückgreifen konnten. Zentrale Informationsquelle waren auch für uns die Medien, vor allem die Oberhessische Presse. Eine Informationsquelle, die bekanntermaßen ohnehin mit Vorsicht zu genießen ist. In der Sache selbst bestimmten vor allem Gerüchte den öffentlichen Diskurs: Von einem Einstecktuch war die Rede, von Verbindungscouleur, von Nazimord. Klarheit konnte so kurz nach der Tat nicht geschaffen werden. Insbesondere die für uns bedeutsame Frage, ob sich der Streit um die Verbindungszugehörigkeit Hölles drehte, konnte damals nicht beantwortet werden. Die völlig unklare Faktenlage trotz intensivster Bemühungen veranlasste uns dazu, diese Unklarheiten ganz ehrlich als Dilemma antifaschistischer Analyse öffentlich zu machen: „Verbindungen erziehen ihre Mitglieder zu reaktionär verwendeten Werten wie Ehre, Treue und mannhafter Wehrhaftigkeit. Inwieweit dies jedoch mit der konkreten Tat in Zusammenhang steht, bleibt noch zu klären.“ Unsere einzig mögliche Konsequenz sahen wir darin, das Verfahren genauestens aus einem politischen Blickwinkel zu beobachten und ggf. kritisch zu begleiten.

Es werden zunächst einige Erkenntnisse über Verbindungsmitglieder und ihre Seilschaften veröffentlicht (II.). Im Gegensatz zu den meisten Personen, die sich insbesondere im Internet dazu berufen sahen, den Prozess und die Lage der linken Szene in Marburg zu beurteilen, beruhen unsere Informationen auf einer lückenlosen und gewissenhaften Prozessbeobachtung, bei der wir jede der 32 Zeug_innen-Aussagen und alle sonstigen Verfahrenshandlungen an den sechs Prozesstagen vollständig mitbekommen haben. Neben den allgemeinen Erkenntnissen über das Verbindungswesen liefern wir hiermit zudem unsere Einschätzung zum Strafverfahren selbst (III.) sowie eine allgemeine politische Einschätzung der Geschehnisse rund um die Tat und den Prozess (IV.).

II. Vorstellungsrunde

Die Informationen aus dem Gerichtsverfahren über die Zugehörigkeit von Beteiligten zu Studentenverbindungen lassen sich wie folgt darstellen:

Landsmannschaft Nibelungia Marburg (Coburger Convent/farbentragend/pflichtschlagend):
– Amadeus Quirin Hölle: wohnhaft in Marburg, Pilgrimstein 22 (Angeklagter)
– Dr. Axel Wöller (Rechtsanwalt von Amadeus Quirin Hölle, Kanzlei in 10117 Berlin)
– Ludwig Bettelhäuser (Vorsitzender der Aktivitas im Sommersemester 2014)

Turnerschaft Schaumburgia Marburg (Coburger Convent/farbentragend/pflichtschlagend):
– Ali Baram Shahid (an Schlägerei beteiligt)
– Darman Shahid (Bruder von Ali Baram Shahid)
– Moritz Justus Philipp Wegner (an Schlägerei beteiligt)
– Stephan Wegner (Vater von Moritz Wegner, Rechtsanwalt, Kanzlei in 97199 Ochsenfurt)

Am Vorabend der Tat waren die meisten der Beteiligten zu sogenannten Semesterantrittskneipen auf den jeweiligen Verbindungshäusern zusammengekommen – ein Zusammentreffen der Seilschaften. Ali Baram Shahid, einer der beiden Verbindungsstudenten, die zur Tatzeit mit Hölle weilten, durfte an seiner Schaumburgia-Feierlichkeit allerdings nicht teilnehmen, da er wegen schlechter Studienleistungen gerade eine Disziplinarstrafe seiner Verbindung verbüßte, die ihm neben der Teilnahme an Verbindungsveranstaltungen auch grundsätzlich den Kontakt zu anderen Korporierten untersagte – ein wundervolles Beispiel stupider, autoritärer Verbindungssozialisation.
Ali Baram Shahid sowie der andere in der Tatnacht anwesende Korporierte, Moritz Justus Philipp Wegner, unternahmen bei ihrer polizeilichen Vernehmung in den frühen Morgenstunden der Tatnacht den Versuch, ihren guten Freund Amadeus Hölle, der geflohen war, dadurch zu schützen, dass sie leugneten ihn zu kennen und stattdessen angaben, ihn erst an dem Abend als „Tim“ kennengelernt zu haben. Ein perfider Vertuschungsversuch, der verbindungsstudentischen Korpsgeist erkennen lässt. Doch kurz nach ihrer Aussage – wohl auf Drängen des Alten Herren Rechtsanwalt Stephan Wegner – nahmen beide wieder Abstand von ihrem Versuch und sagten zumindest hinsichtlich ihrer Beziehung zu Hölle die Wahrheit.

III. Erkenntnisse über das Tötungsdelikt und das staatliche Strafverfahren

Das Strafverfahren wurde vor dem Landgericht Marburg an sechs Prozesstagen sehr eingehend geführt. Unsere Einschätzung über die Tat selbst sowie deren Würdigung durch das Strafgericht erfolgt anhand von drei Feststellungen:

1. Amadeus Quirin Hölle hat im Laufe einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen einen Messerstich ausgeführt und damit Patrick H. getötet.
Vor der Bar „Roxy“ in der Marburger Oberstadt (Reitgasse) war es in der Tatnacht zu einer Schlägerei zwischen zwei Gruppen gekommen. Die eine Gruppe bestand aus den drei Verbindungsstudenten Hölle, Shahid und Wegner, die andere Gruppe aus dem Opfer Patrick H. sowie sechs seiner Freunde. Im Verlauf dieser Schlägerei stach Hölle mit seinem Taschenmesser in die Brust des Opfers, welches später dieser Verletzung erlag.
Die Aussagen der Verbindungsstudenten, sich entweder nicht an den Messerstich erinnern zu können bzw. einen „Zusammenstoß“ wahrgenommen zu haben (Hölle) oder überhaupt nichts davon mitbekommen zu haben (Shahid/Wegner), bewerten wir im Großen und Ganzen als unglaubwürdige und abgesprochene Schutzbehauptungen. Hölle versuchte selbstverständlich durch eine gut vorbereitete Aussage, sich selbst zu entlasten. Shahid und Wegner unterstützten ihn dabei, jedoch war ihnen die jeweils eigene Entlastung wichtiger als die Entlastung Hölles. Glaubhaft an den Aussagen der Verbindungsstudenten waren allenfalls die Angaben zum Trunkenheitszustand, der bei allen Beteiligten weit fortgeschritten war.
Die Freund_innen des Opfers konnten wie auch alle außenstehenden Zeug_innen keine Angaben zum Einsatz eines Messers machen. Niemand hatte in der turbulenten Situation einen Stich mit einem Messer wahrgenommen. Letztendlich sprachen in dieser Frage aber die Fakten für sich. Staatsanwaltschaft und auch das Gericht teilten im Ergebnis diese Einschätzung und nahmen das Vorliegen eines Tötungsdeliktes an.

2. Der genaue Ablauf der Schlägerei lässt sich nicht bis ins letzte Detail aufklären. Die Zugehörigkeit von Amadeus Quirin Hölle zu einer Studentenverbindung spielte bei der Entstehung des Streits keine Rolle. Der Ablauf der Schlägerei war jedoch geprägt von der Zurschaustellung von Männlichkeit.
Die Angaben zur Entwicklung der Schlägerei sind unterschiedlich. Streitauslöser war wohl ein Zusammentreffen zwischen Hölle und drei Freunden des Opfers in der Toilette der Bar, in dessen Verlauf ein Freund des Opfers das Einstecktuch aus Hölles Jackett entwendete, um es einem anderen als Toilettenpapier zu reichen. Hölle holte sich sein Tuch ohne körperliche Auseinandersetzung zurück und die Situation schien vorerst geklärt. Bei einem Einstecktuch handelt es sich im Übrigen nicht um Verbindungscouleur.
Einige Zeit später, als alle Beteiligten wegen der Schließung die Bar gleichzeitig verließen, kam es vor der Tür zu einem erneuten Wortgefecht. Dieses begannen zwei Freunde des Opfers mit Hölle und entwendeten ihm dabei erneut das Einstecktuch, nachdem Hölle einen der beiden angespuckt hatte. Es entstand eine wüste Schlägerei, bei der neben Hölle vor allem Ali Baram Shahid als Aggressor auftrat. Er fand auf Seiten der Freunde des Opfers mindestens zwei Personen vor, die ebenfalls Schlichtungsversuchen zum Trotz die Schlägerei forcierten. Diese Einschätzung beruht auf der Aussage dieser beiden Personen selbst. Schlichtungsversuche gab es sowohl aus der Gruppe des Opfers als auch aus der Gruppe des Angeklagten. Es ließ sich in keiner der beiden Gruppen ein organisiertes und in sich geschlossenes Vorgehen feststellen.
Das Opfer Patrick H. hob im weiteren Verlauf die Stange eines Straßenschildes vom Boden auf, hielt diese quer vor den eigenen Körper, ging damit auf Hölle zu und drängte ihn zurück. Dabei versuchte er Hölle zu treten und beschimpfte ihn. Patrick H., der in der Tatnacht Amphetamine konsumiert hatte, war laut Aussage seiner Freunde sehr aggressiv und „außer sich“ und sei „nicht zu beruhigen“ gewesen. Diese Einschätzung zu Patrick H.‘s Verhalten beruht ausschließlich auf Aussagen von seinen Freunden und außenstehenden Personen, nicht auf den Aussagen der Verbindungsstudenten.
Hölle stach in der Folge mit seinem Taschenmesser zu, welches sich in seiner Jackentasche befunden hatte. Da nicht einmal die beiden Freunde von Hölle eine Warnung vor dem Messerstich vernommen haben, ist davon auszugehen, dass er unvermittelt zustach.
Die Verbindungszugehörigkeit von Hölle spielte nach unserer Einschätzung bei der gesamten Entstehung des Streits keine Rolle. Keine_r der 32 Zeug_innen sagte etwas aus, das Anlass für eine gegenteilige Annahme liefern konnte. Wir stufen insbesondere die Aussagen der Freund_innen des Opfers – gerade weil sie offensichtlich nicht vorbereitet und abgesprochen und deshalb teilweise widersprüchlich waren – als sehr glaubwürdig ein.
Unserer Einschätzung nach standen sich in dieser Nacht auf beiden Seiten Männer gegenüber, die sich – zusätzlich aufgeputscht durch Alkohol und Amphetamine – aggressiv, pöbelig und mackrig verhielten. Die gegenseitigen Aggressionen schaukelten sich bis zum bekannten tragischen Ende hoch.
Nur weil wir die Verbindungszugehörigkeit Hölles nicht als ausschlaggebend für die Entstehung des Streits einstufen, wollen wir die Tat dennoch nicht als unpolitisch betrachten. Die Erziehung zur mannhaften Wehrhaftigkeit ist ein konstituierender Teil des Verbindungswesens. Jedoch stellen patriarchale Männlichkeitskonzeptionen und die ihnen einbeschriebenen Ideale ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. In der konkreten Analyse von Streit und Schlägerei müssen verschiedene Faktoren beachtet werden. Ein sehr wichtiger davon ist unserer Einschätzung nach die Gemengelage aus verletztem Stolz, Aggressivität und mackerhaftem Auftreten, die aus oben genannter reaktionärer Geschlechtskonzeption resultiert. Die Verbindungszugehörigkeit der Beteiligten spielt für uns also insofern eine Rolle, als dass das problematische Männlichkeitsbild, das den Ablauf der Situation geprägt hat, in überhöhter Form Teil des Weltbildes und Ideals von Verbindungsstudenten ist. Wie bereits angeführt betrachten wir die oben beschriebene Geschlechtsperformance allerdings nicht als Alleinstellungsmerkmal von Studentenverbindungen. Die aus einer reaktionären Erziehung resultierenden Handlungsschemata trafen in der nicht-korporierten Gruppe um Patrick H. einen willigen Gegenpart.

3. Ob Amadeus Quirin Hölle bei seiner Tat in Notwehr handelte, lässt sich nicht eindeutig klären.
Das Gericht nahm im Ergebnis eine Notwehr von Hölle an, weswegen trotz des vollendeten Totschlags ein Freispruch erfolgte. Entscheidend für die Einstufung als Notwehr ist die Frage, ob der Messerstich Hölles eine erforderliche Verteidigungshandlung gegen den Angriff des Opfers mit dem Straßenschild gewesen ist oder nicht. Das Gericht nahm eine solche Verteidigungshandlung an, weshalb Hölle straflos bleibt. Im Urteil wurde festgestellt, dass das Gericht nicht davon überzeugt sei, dass diese Handlung wirklich erforderlich gewesen sei, dies aber im Bereich des Möglichen liege und deshalb (im Zweifel für den Angeklagten) davon ausgegangen werden müsse, dass der Messerstich zumindest erforderlich gewesen sein könnte.
Wir halten die Annahme einer nicht erforderlichen Notwehrhandlung für plausibler. Hölle hatte vor seinem Messerstich keine Warnung ausgesprochen, hätte dies unserer Einschätzung nach aber tun können. Die Gegenauffassung des Gerichts bewegt sich im Bereich des Erwartbaren und juristisch Nachvollziehbaren und keinesfalls im Bereich der „Klassenjustiz“, der Willkür oder der Vereitelung eines politischen Hintergrundes der Tat. Die Rekonstruktion des Tathergangs, von der das Gericht bei seiner Entscheidung ausgeht, halten wir nach den gegebenen Umständen des Gerichtsprozesses grundsätzlich für richtig. Es wird sich zeigen, ob das Revisionsgericht zu einer anderen Auffassung kommen wird.

IV. Fazit und politische Einschätzung

Wir hatten uns als Antifagruppe nicht nur mit der Tötung durch einen Verbindungsstudenten auseinander zu setzen, sondern auch mit Erwartungshaltungen und Vorwürfen aus der linken Szene. Wir würden den politischen Hintergrund der Tat verschleiern und einen politischen Mord verschweigen. Unsere nicht der allgemeinen Erwartung entsprechende Reaktion wurde als Schweigen gewertet, das den Freispruch begünstigt habe. Dabei kamen häufig Vorwürfe von Personen, die offensichtlich keinerlei Kenntnisse über die Umstände der Tat haben. Eine populistische und hetzerische Vorgehensweise, die normalerweise der BILD-Zeitung vorgehalten wird, aber in Zeiten von stupider Facebook-Omnipräsenz selbst vor vermeintlich linken Kreisen keinen Halt zu machen scheint.
Uns ist wichtig, dazu folgende drei Punkte festzuhalten:

1. Es liegt kein Fall von „Klassenjustiz“ und kein politisches Skandalurteil vor.
Unserer Auffassung nach ging das Gericht von einem richtigen Geschehensablauf aus. Diese Rekonstruktion des Sachverhalts stützt sich vor allem auf die Zeug_innen, die der Gruppe des Opfers zuzuordnen sind, sowie auf völlig außenstehende Zeug_innen. Wir halten die Aussagen der Verbindungsstudenten nicht für glaubwürdig und auch das Gericht hatte vielfach Zweifel daran. Dies ändert aber nichts daran, dass der Geschehensablauf wie u. a. von den Freund_innen des Opfers geschildert vorgegangen sein muss. Aus reinem Wunschdenken einen völlig anderen Ablauf zu konstruieren, erscheint uns nicht zielführend, sondern populistisch.
Ganz grundsätzlich möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir bei unserer Politik keinen Cent auf Staat und Recht setzen. Wir verstehen antifaschistische Politik als Kampf ums Ganze und sehen uns deshalb im offenen Widerspruch zum kapitalistischen Staat.
Dies darf aber im Umkehrschluss nicht bedeuten, selbst noch hinter Errungenschaften des bürgerlichen Staates zurückzufallen. Deswegen halten wir innerhalb des bürgerlichen Staates rechtsstaatliche Errungenschaften wie den Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ und die Ablehnung justizieller Willkür für sinnvoll. Von einem verschwiegenen Nazimord oder einem Urteil von „Klassenjustiz“ kann wie geschildert keine Rede sein.

2. Antifa-Arbeit muss auf seriöser Recherche basieren und darf nicht emotional gesteuertem Vergeltungsbedürfnis folgen.
Aus den Passivitäts-Vorwürfen, die uns meist ohne sachliche Grundlage gemacht wurden, entnehmen wir ein auch in der linken Szene offensichtlich weit verbreitetes Bedürfnis nach Rache und Vergeltung. Es bestand offenbar vielfach der Wunsch, ein linksradikales Opfer – durch Nazihand ermordet -, einen Märtyrer zu haben, den man politisch benutzen kann. Auf diesem Bedürfnis gründende an uns gerichtete Forderungen sind ekelhaft.
Eine solide und seriöse Recherche muss immer der Ausgangspunkt antifaschistischer Arbeit sein. Sie darf unseretwegen durch emotionale Bedürfnisse nach Vergeltung motiviert, aber niemals gesteuert werden. Die Möglichkeit, eine breitere Öffentlichkeit überhaupt zu erreichen und letztendlich von antifaschistischen Inhalten zu überzeugen, hängt auch maßgeblich davon ab, durch verlässliche Informationen als ernst zu nehmende Ansprechpersonen wahrgenommen zu werden. Mit plumpen und vorschnellen Bauchgefühl-Forderungen ohne informativen Background ist als Antifagruppe nicht viel zu gewinnen.

3. Studentenverbindungen gehören aufgelöst!
Trotz allem gilt unser Hauptaugenmerk wie eh und je dem politischen Gegner. Studentenverbindungen wirken aktiv an gesellschaftlichen Ausschlussprozessen mit und gehören aus vielerlei Gründen aufgelöst. Diesen Kampf müssen wir gemeinsam weiterkämpfen! Diese Stellungnahme liefert Informationen, die dafür nützlich sein können.
Auch wenn die vorliegende Stellungnahme die linke Volksmob-Seele nicht zufriedenstellen wird, ist sie als Teil antifaschistischen Engagements gegen das Verbindungswesen zu verstehen. Die konkrete Tat taugt nicht als Beispiel für eine generelle Kritik am Verbindungswesen. Sie ist aber für eine solche Kritik auch nicht nötig. Für die spezifische Kritik am Ideal von mannhafter Wehrhaftigkeit und an mit ihr verbundener Praxis in korporierten wie nicht-korporierten Kreisen kann die Tat jedoch Illustration sein.
Wir brauchen für eine grundsätzliche Ablehnung des Verbindungswesens keinen konstruierten politischen Mord. Für uns gilt nach wie vor: Das Verbindungswesen und die beteiligten und profitierenden Personen müssen mit allen Mitteln bekämpft werden!

Marburg bleibt rot!

Normannia Leipzig zu Marburg lädt Rainer Langhans ein

Die Burschenschaft Normannia-Leipzig zu Marburg hat den Althippie Rainer Langhans für einen Vortrag am 27.11.15 auf ihr Haus im Barfüßertor eingeladen.

Die Normannia ist Mitglied der Deutschen Burschenschaft und gehört damit zum äußersten rechten Rand der Verbindungsszene. Allerdings ist die Verbindung nicht besonders auffällig, im Gegensatz zu ihren Kameraden auf dem Berg. Die Normannen gelten eher als peinliche Truppe, die nicht einmal in der Lage ist, ihre stets mit Farbe verschönerte Hauswand rein zu halten. Genau genommen stammt die Normannia in Marburg sogar von Flüchtlingen (aus der DDR), die in Marburg politisches Asyl fanden. Und während sich die anderen DB-Burschen aus der Lutherstraße lieber Akteure der NPD, Jungen Freiheit oder AfD in ihr Haus holen, soll es bei den Normannen nun Rainer Langhans sein.

Langhans war wichtiger Akteur der Studierendenbewegung der 68er. Wie so viele blieb er aber nicht bei einer linken Bewegung, sondern versuchte sich anderweitig in Szene zu setzen. Langhans ist inzwischen eher in der Esoterik unterwegs, in selbige er auch Hitler stellt. Völlig der Peinlichkeit Preis gab er sich, indem er 2011 beim Dschungel-Camp und 2015 bei Newtopia mitmachte oder später extrem rechten Zeitschriften Interviews gab. Ähnlich wie Horst Mahler oder Jan Fleischhauer muss er inzwischen wohl ein Trauma seiner linken Vergangenheit bewältigen und dadurch nur noch Sonderliches von sich geben. Bei der Normannia redet er über das politische Erbe der 68er-Bewegung, die seiner Meinung nach übrigens in einer Ekstasephase das Internet erfunden hat.

Während die Kameraden der DB die Führung der aktuellen Rechten einlädt, holen sich die Normannen nun also vom Althippie – mit wenig Berührungsängsten zur extremen Rechten und wilden Esoteriktheorien – Tipps für das Kommunenleben. Diese Veranstaltung ist so dämlich, dass wir nicht mal zum Verhindern der Normannia Ieipzig bzw. dem Harem im Barfüßertor aufrufen.

PM: AfD-Rassist zu Gast bei Neonazi-Verbindung

Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD im Thüringer Landtag, wird am 13. November 2015 einen Vortrag unter der Überschrift „Asylkrise und Flüchtlingschaos“ auf dem Haus der Marburger Burschenschaft Rheinfranken halten. Die Rheinfranken gehören dem extrem rechten Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) an.

Die AfD, schon früh dem rechts-konservativen Parteienspektrum zuzurechnen, hat spätestens nach dem Austritt Bernd Luckes einen weiteren Rechtsruck erfahren, der sich in Personen wie Höcke manifestiert und weiter verfestigt. Höcke, zweifellos kein unbeschriebenes Blatt, veranstaltet wöchentlich in Erfurt Großdemonstrationen gegen die „Asylkrise„, wo er als Redner seine menschenverachtende Weltanschauung kund tut.

Zuletzt erlangte Höcke durch seinen TV-Auftritt bei der Talkshow „Jauch“ zweifelhafte Bekanntheit, in der er völkische, rassistische und nationalistische Thesen verbreitete. Von Jauch wurde er dabei auf seinen Ruf als „rhetorischen Brandstifter“ angesprochen, den er weder dementierte, noch kommentierte.

Auf einer seiner Großdemonstrationen in Erfurt tätigte Höcke ‚in der Angst um sein ‚Vaterland“ Aussagen wie: „Der Syrer, der zu uns kommt, der hat noch sein Syrien. Der Afghane, der zu uns kommt, der hat noch sein Afghanistan. […] Wenn wir unser Deutschland verloren haben, dann haben wir keine Heimat mehr!“ Derartige Aussagen verdeutlichen, dass sich die Marburger Burschenschaft Rheinfranken mit Höcke einen Vertreter der extremen Rechten nach Marburg eingeladen hat, der offen seinen Hass gegen Geflüchtete und Menschen anderer Gesinnung zur Schau trägt.

„Es ist garantiert kein Zufall, dass ausgerechnet die Rheinfranken einen derart rechten Hetzer wie Björn Höcke auf ihr Haus einladen, um ihn unter dem Titel „Flüchtlingskrise und Asylchaos“ sprechen zu lassen“ sagt Sophia Stern, Pressesprecherin der antifaschistischen gruppe 5. „Die Rheinfranken gehören dem Dachverband der Deutschen Burschenschaft an und sind in Marburg ein Sammelbecken für extrem rechtes Gedankengut sowie Treffpunkt der Neonaziszene aus Marburg und Umgebung.“ Stern meint dazu weiter:

„Wir dürfen nicht tolerieren, dass Hetzer wie Höcke die Chance bekommen, ihre menschenverachtenden Inhalte in die Öffentlichkeit zu tragen!“ Des Weiteren versichert sie: „Wir wollen verhindern, dass Höcke eine Bühne für seine menschenverachtende Weltanschauung geboten wird und lassen seine Einladung nach Marburg keinesfalls unbeantwortet!“